Willkommen bei den jungen Wilden

Zu jeder Partei gehört eine Organisation, in der Jugendliche ihre Ideen einbringen können. Manchmal werden aus deren Vorschlägen sogar Gesetze. Vereinnahmen lassen sich die Nachwuchspolitiker jedoch nicht. Ein Grund, sich bei den jungen Wilden im Landkreis umzusehen.

Landkreis Börde // “Das Fahren ab 17 und die Abschaffung der Wehrpflicht sind Themen, die von den JuLis vorgeschlagen wurden”, sagt Anne Daehre. Anne ist Kreisvorsitzende der Jungen Liberalen (JuLis) im Landkreis Börde. Die stehen der Partei FDP nahe. Doch auf ihre Unabhängigkeit legen die Nachwuchsliberalen großen Wert. “Wir sind nicht die FDP, dass zu vermitteln ist manchmal schwer”, erklärt Ulrike Koehler. “Die Vorschläge der JuLis sind manchmal direkter. Man könnte sagen, wir sind wilder als die FDP”, sagt sie.

JuLis müssen nicht gleichzeitig FDP-Mitglied sein. Sie sind auf Parteitagen redeberechtigt und dürfen Vorschläge einreichen. “Das kann auch enttäuschend sein, wenn ein ausgearbeiteter Antrag auf dem Parteitag sehr schnell behandelt und am Ende vielleicht abgelehnt wird”, findet Ulrike. Die Studentin aus Glindenberg ist Mitglied bei den JuLis, seit sie 14 ist. Schon die Eltern von Anne und Ulrike sind politisch engagiert. Annes Vater ist Sachsen-Anhalts ehemaliger Bauminister Karl Heinz Daehre. Er ist CDU-Mitglied.

Ein politisches Elternhaus ist keine Vorbedingung, um Mitglied einer politischen Jugendorganisation zu werden. “Ich bin über den Sozialkundeunterricht auf die JuLis gekommen”, erklärt Tobias Gehrke. Der Magdeburger hatte den Wahl-o-Mat ausprobiert und damit seine persönliche Einstellung mit den Inhalten von Parteiprogrammen verglichen. “Dass ich mit den Liberalen am meisten übereinstimme, hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht”, verrät der 24-jährige Magdeburger.

Mit Politikern auf Augenhöhe

Der Student Sebastian Weise kommt auch aus Magdeburg. Um sich für eine Jugendorganisation zu entscheiden, hat er viel gelesen. Er sagt: “Ich habe einfach die Programme aller Parteien zusammengelegt und verglichen, welches mir am besten gefällt.” So kam der angehende Physiker zur Jungen Union. Die Junge Union (JU) steht inhaltlich der CDU nahe. Wie bei den JuLis auch, können JU-Mitglieder gleichzeitig in die CDU eintreten. Sie müssen es aber nicht. Für die konservativen Nachwuchspolitiker gibt es also keinen Grund, sich vereinnahmen zu lassen. Der Barleber Frank Nase erklärt das so: “Wir wollen mit den CDU-Mitgliedern auf Augenhöhe kommunizieren und ihnen vermitteln, was für Jugendliche in der Börde wichtig ist und was getan werden muss.”

Er sieht die Aufgabe der Nachwuchsorganisation eher in einer Vermittlerrolle. “Natürlich sind wir politisch engagiert. Trotzdem wollen wir für alle Jugendlichen aus dem Landkreis ansprechbar sein und ihre Anliegen vermitteln”, sagt er. Ein langfristiges Ziel der Börde-JU: “Es wäre toll, wenn in jedem Ort ein Jugendlicher wäre, der mit uns kommuniziert. Er oder sie muss aber kein JU-Mitglied sein. So könnten wir schneller die Probleme in den Ortschaften erkennen und etwas ändern.”

Hierbleiben und was bewegen

Das möchten auch Felix Borrmann und Kevin Brendtrop. Die beiden sind Mitglieder der Jungsozialisten (Jusos). Dem 22-jährigen Felix geht es darum, die Börde als Region lebenswerter zu machen: “Ich bin Steuerfachangestellter und arbeite in Magdeburg”, sagt der junge Mann, der in der Nähe von Oschersleben wohnt. Er erklärt weiter: “Mein Gehalt reicht nicht aus, um mein Auto und eine Wohnung zu finanzieren. Das geht vielen aus meinem Freundeskreis so und deshalb ziehen sie dort hin, wo sie mehr verdienen.” Wegziehen kommt für ihn aber nicht in Frage. Mehr Jugendlichen blieben in der Region, wenn die Politik mehr Räume schafft und die Lebensbedingungen verbessert, ist Felix überzeugt. Für den Wolmirstedter Kevin steht vor allem die Situation von Behinderten im Mittelpunkt. Sie sollen mobiler sein können: “Wenn ich auf den Bus angewiesen bin, dauert es sehr lange, bis ich an mein Ziel kommen kann”, sagt der 27-Jährige, der selbst sehbehindert ist.

Andere Jugendorganisationen empfinden beide nicht als Konkurrenz: “Vielleicht können wir mit ihnen zusammenarbeiten”, hofft Felix. Schließlich soll für alle Jugendlichen in der Region etwas erreicht werden.

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